Seitdem kümmere ich mich um die Herberge Amanecer ( bedeutet Morgengrauen). Empfange die Pilger, mache sauber und bereite ihnen ein herzhaftes Frühstück. Was auf dem Camino eher eine Sonderheit ist. :-)
Dieser kleine Ort, mit seinen ganzen 8 Einwohnern hat es mir angetan. Ich nenne ihn mein Camino Paradies. Dieser Ort lässt dich träumen und gibt dir die Freiheit du selbst zu sein. Ich kann es in Worten nicht fassen, was für ein Gefühl dieser Ort in mir auslöst. Ich fühle mich so frei, wie schon lange nicht mehr.
Ich wache auf in meinem kleinen Holzhaus ohne Strom und Bad und fühle mich herrlich. Wenn Santo mich nachts weg, weil er Pipi muss...betrete ich die Wiese und schaue in ein Meer voller Sterne. Die Milchstrasse leuchtet wie ich es noch nie woanders gesehen habe. Während Santo sein Geschäft macht, genieße ich den Augenblick und bin dankbar dafür von ganzem Herzen.
Zusammen verschwinden wir wieder in unsere Träume und können es kaum erwarten bis die Sonnenstrahlen uns durch unser kleines Fenster wecken. Kein Wecker, kein Lärm....nur die Geräusche der Natur mit ihren Vögeln die fröhlich singen wenn der Tag anbricht. Ich freue mich zum Sonnenuntergang auf den Strohballen zu sitzen und der Sonne dabei zu zuschauen wie sie am Horizont verschwindet. Ich freue mich abends am Lagerfeuer zu sitzen und dem Knistern des Feuers zu lauschen. Ich freue mich über all die besonderen Menschen die hier einkehren, über ihre Geschichten und ihre ganz besondere Energie. Dieser Ort ist wirklich etwas ganz besonderes.
Ich habe mich oft gefragt, warum ich die Entscheidung getroffen habe, den Jakobsweg zu gehen. Als ich einsam in der Meseta stand und in die Unendlichkeit dieser Gegend blickte, fragte ich mich erneut. Was suche ich? Plötzlich blickte ich auf ein Feld lauter Sonnenblumen, welche im goldenen Glanz der Sonne tanzten und ich bekam die Antwort.
Plötzlich war alles klar, all meine Zweifel über mein bisheriges Leben die man so mit sich trägt, verschwanden.
Mir wurde klar, das ich mein Leben liebte. Das all das was ich tat, richtig war. All mein Entscheidungen für mich richtig waren. Ich begriff das ich GLÜCKLICH bin, mit dem was ich hatte.
Ich habe wunderbare Eltern, Freunde und einen Partner an meiner Seite den ich über alles liebe.
Ich möchte nicht mehr, außer das was ich eh schon besitze. Mein Herz füllte sich mit so viel Wärme und mir kamen die Tränen. Ich weinte vor Glück darüber, das ich glücklich bin.
Ich habe keinerlei Zweifel mehr und dafür bedanke ich mich. Bei wem auch immer :-)
Ich weiß nicht wie lange ich noch hier im Paradies bleibe, und ob ich den Camino fortsetze wenn Willbert wieder da ist.
Im Moment genieße ich einfach nur meine Freiheit und diesen wunderbaren Ort, irgendwo im Nirgendwo.
Buen Camino